Anton Bruckner: Sinfonie Nr. 9 in d-Moll WAB 109 (IV. Satz in der vervollständigten Fassung von Gerd Schaller)
»Ich hab’ auf Erden meine Schuldigkeit getan; ich tat, was ich konnte, und nur eines möchte ich mir noch wünschen: Wär’s mir doch vergönnt, meine 9. Sinfonie zu vollenden!« Die Erfüllung dieses frommen Wunsches erlebte Bruckner jedoch nicht mehr, denn er starb, ohne den vierten Satz fertiggestellt zu haben. Und doch: Insbesondere das Fehlen dieses Satzes umgibt die Sinfonie mit einem ganz eigenen Nimbus. Denn das Werk, das Bruckner »dem lieben Gott« widmete, endet mit einem Adagio, wie es feierlicher kaum sein könnte: Elegische Tubeneinsätze und Zitate aus seinen sakralen und sinfonischen Werken machen gerade diesen Satz zu einer im Pianissimo verklingenden Rückschau auf ein musikalisch erfülltes Leben.
Gerd Schaller machte sich 2018 daran, anhand der erhaltenen Skizzen und Entwürfe Bruckners eine revidierte Fassung des Finalsatzes der 9. Sinfonie zu erarbeiten. Er schreibt dazu im Vorwort der Partitur: »Ich bedauerte es […] über all die Jahrzehnte hinweg, in denen ich mich theoretisch und praktisch (als Dirigent) mit den Bruckner’schen Werken beschäftigt habe, stets, dass nichts von diesen faszinierenden Skizzen und Ideen Bruckners jemals erklingen würde, da sie eben nicht in einer spielbaren Form hinterlassen wurden. […] Eine erneute Beschäftigung mit der 9. Symphonie im Vorfeld einer Aufführung gab schließlich den entscheidenden Impuls: ich entschied mich, eine Komplettierung in Angriff zu nehmen.«