©JOSEPH RUBEN
 
Schauspiel

Die Schritte der Nemesis

 

Dramatische Chronik aus dem Parteileben der UdSSR (1936-1938) in sechs Bildern von Nikolaj Evreinov

aus dem Russischen von Regine Kühn

Kooperation mit der Universität Zürich und dem International Laboratory Ensemble

Uraufführung

 

Die Schritte der Nemesis ist nominiert für das Nachtkritik-Theatertreffen. Noch bis zum 18. Januar abstimmen unter nachtkritik.de!

 

Inszenierung. Rollen. Maskerade: Ein Gerichtsprozess theatralisiert Recht und Gesetz, um – idealerweise – Recht zu sprechen und sichtbar zu machen. In Diktaturen verkommen diese inszenierten Abläufe zur Show – am prominentesten in den stalinistischen Schauprozessen der 1930er Jahre in Moskau. Der russische Theatertheoretiker Nikolaj Evreinov beobachtete die Prozesse im französischen Exil. Als Spezialist für die »Theatralisierung des Lebens« erkannte er das perverse juristische Spektakel und antwortete auf das verborgene Theater mit einem Stück. Doch »Die Schritte der Nemesis« ist nicht bloß eine Entlarvung des juristischen Theaters, sondern ein fiktiver Blick hinter die Kulissen.

 

Evreinov schreibt keinen alternativen Gerichtsprozess, sondern eine Hinterzimmerposse. Und dort, in den Hinterzimmern der Macht, finden wir nicht etwa die Wahrheit, sondern nur eine andere Form von Theater, ein intrigantes politisches Schmierentheater, eine Art House of Cards der 30er Jahre in der Sowjetunion. Warum, so die Frage von Evreinov, schauen wir uns das an? Was erhoffen wir uns von einem Blick hinter die Kulissen? Und was hat das mit der heutigen politischen Situation zu tun?

 

Die Inszenierung entsteht als mehrsprachiges Projekt in Kooperation mit Sylvia Sasse (Universität Zürich) und wird von einem Workshop begleitet, der nach Gerichtsprozessen als einem Mittel politischer Inszenierung in der Gegenwart fragt. Die Regisseurin, Yuri Birte Anderson, realisiert seit 2006 (oft mehrsprachige) Theaterprojekte, u. a. am Theaterlabor Bielefeld, aber auch in England, Schottland, Frankreich, Polen, Schweden, Serbien und der Ukraine.

 

Das Projekt ist gefördert vom Schweizerischen Nationalfonds.

 

Pressestimmen

»Die Inszenierung findet für Verzweiflung, Angst und die fürs Überleben notwendige Selbstverleugnung passende Ausdrücke jenseits des vorgetragenen Textes… Es ist ein beklemmendes Lehrstück über die gesellschaftlichen und psychologischen Auswirkungen einer von Propaganda inszenierten und durch Einschüchterung geprägten Realität. In Zeiten russischer Kriegspropaganda, die von „Entnazifizierung“ schwafelt und Oppositionelle mit konstruierten Vorwürfen vor Gericht zerrt, ist es ein Stück von bitterer Aktualität.«

»Die ganze Welt, sie ist ein einziges Theater. Und das ist schlimm so. Denn was ist mit der Wahrheit, wenn alles Theater ist?... Bei der Inszenierung von Regisseurin Yuri Birte Anderson ist viel Brecht dabei, Verfremdungseffekte, die dem Stück Aktualität geben, es von der dort konkret verhandelten Vergangenheit in die Gegenwart holen… Eingerahmt von einer hölzernen Amtsstubenbande wechseln Schauspieler die Seiten, ständig, …raisonnieren oder kommentieren großartig pantomimisch das Geschehen. Ein faszinierendes Lehrstück über die Macht des Storytelling an einem historischen Beispiel.« Link zum Artikel

»Eine sehr späte Uraufführung und eine sehr beklemmende Aktualität: Nikolaj Evreinovs Stück über die Moskauer Schauprozesse 1936-38 zeigt so drastisch klar, wie mit Wirklichkeitsinszenierungen Propaganda gemacht wird, dass man nur ein paar Namen austauschen müsste und es könnte für heute geschrieben sein.« Link zum Artikel

»Ein Moment, in dem die Selbstsuggestion des mörderischen Schauspiels einen geradezu vor den Kopf haut: Als Tobias Beyer von seinem Regiestuhl aus den Darsteller des verurteilten Bucharin (Thomas Behrend) eindringlich auffordert, doch wenigstens jetzt, im Angesicht des sicheren Todes, aus der Rolle zu fallen und das Regime anzuklagen, endlich die Wahrheit zu sagen, statt weiterhin die Farce der vom Skript geforderten Selbstkasteiung fortzuführen. Doch Bucharin schweigt… Sehenswert.«

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