Schauspiel
Komödie von Nora Abdel-Maksoud
Nora Abdel-Maksoud entfacht ein Feuerwerk an Pointen und offenbart den Sprengstoff, der in sozialer Ungleichheit liegt.
Das unfassbare Vermögen von 400 Mrd. Euro wird jedes Jahr in Deutschland vererbt. Wer daran teil hat, kann seine Existenz absichern, für das eigene Alter vorsorgen oder sein Geld vielleicht in kostspielige Autos stecken. Wer in die richtige Familie geboren wird, verfügt über Wohlstand, Zugang zu Bildung und sozialen Netzwerken.
Fast jedes sechste Kind in Deutschland ist laut dem sechsten Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung von 2021 von Armut betroffen. Armen Menschen fehlen langfristig materielle Ressourcen, bezahlbarer Wohnraum, Zugang zu Bildung und sozialer Teilhabe. Wer arm ist, wird es höchstwahrscheinlich bleiben. Der entscheidende Faktor ist die Geburt.
Die schreiende Ungerechtigkeit dieser Vermögenslotterie ist die Folie, auf der Nora Abdel-Maksoud »Jeeps« entwickelt. Sie greift ein und legt den Hebel um: Ab sofort wird nicht qua Geburt geerbt, sondern per Los. Die Neiddebatte ist entfacht – aber das Wunderbare an Abdel-Maksouds Stück (2021 an den Münchner Kammerspielen uraufgeführt) ist, dass hier niemand larmoyant wird oder Moral predigt. Hier wird pralles Theater gespielt. Schräg, radikal und unfassbar komisch ringen zwei Sachbearbeiter im Jobcenter und ihre Klientinnen nicht nur um den richtigen Ausdruck in der bundesrepublikanischen Bürokratiehölle, sondern um Umverteilung mit explosiven Mitteln.
Inszenieren wird Abdel-Maksouds Komödie in Braunschweig Simon Jensen, der hier bislang als Schauspieler (in »Garland« und »Dorian G.«) zu erleben war. Mit seinem ausgesuchten Gespür für Situationskomik und Timing wird er »Jeeps« im Kleinen Haus zum Funkeln bringen.
Hinweis: In der Vorstellung »Jeeps« kommt es inszenierungsbedingt zum Einsatz von Stroboskoplicht, das bei fotosensiblen Personen zu gesundheitlicher Beeinträchtigung führen kann.
Aufführungsdauer: 1 h 40 min, keine Pause
»Simon Jensens Inszenierung setzt auf Comedytempo, würfelt die Figuren in dem Zwei-Etagenbild mit überraschenden Auftritten aus den merkwürdigsten Perspektiven immer wieder neu zusammen, mal bricht einer durch die Decke, mal taucht eine im unteren Aktenschrank wieder auf, verloren geht keine/r, aber alle sind verloren in diesem absurden Sozialsystem.«