Eine Stückentwicklung von Jan Neumann & Ensemble
Auftragswerk des Staatstheaters Braunschweig
Uraufführung
Aufführungsdauer: ca. 1 Stunde und 40 Minuten, keine Pause
Zur Audioeinführung von Volker Bürger | 6 Minuten
Die Turbulenzen, in die die »Liebsten« eines Alzheimer-Erkrankten geraten, treiben Jan Neumann und das Ensemble in ihrer Stückentwicklung bis in die absurden Höhen der komödiantischen Übertreibung. – Den Vater hat es getroffen. Diagnose: Alzheimer. Seine Frau Claudia, die seit zwei Jahren getrennt von ihm lebt, sieht es gar nicht ein, sich wieder einspannen zu lassen. Der Sohn Frank alias »Magic Lars« ist schon mit seiner Kleinkunstkarriere als Zauberer derart überfordert, dass er sich angesichts der neuen Aufgaben am liebsten sofort in Luft auflösen möchte. Seine Halbschwester Noemi jettet durch die Welt und versucht, ihr schlechtes Gewissen mit Geldspritzen an Vater und Familie freizukaufen. Soll alles an der jüngsten Tochter Lisa hängen bleiben? – Eine Familie und die Extremsituation Demenz. Das Vergessen wird in der Inszenierung zu einem so gnadenlosen Prozess, dass es selbst vor der erzählten Geschichte und dem Versuch, diese zu spielen nicht Halt macht: Einer der Schauspieler vergisst plötzlich die wichtigste Szene des Stücks. Eine ganze Szene. Einfach weg. War das so? Wirklich? Oder was kam dann als nächstes?
Der Regisseur und Autor Jan Neumann entwickelte mit dem Ensemble aus der umfassenden Recherche, aus Gesprächen mit Expert:innen und aus persönlichen Fragen, Geschichten und Erfahrungen der beteiligten Schauspieler:innen ein theatrales Narrativ, das er dann als Theaterstück verschriftlicht hat. Seine Inszenierungen zeichnen sich durch eine ernsthafte Begegnung mit den Inhalten bei gleichzeitiger spielerischer Leichtigkeit aus. Sie sind so tragisch berührend und gleichzeitig so komisch wie das Leben selbst. So gelingt es Jan Neumann, den Dingen, vor denen wir die Augen verschließen, den Schrecken zu nehmen und sie mitten ins Leben zu stellen.
»Demenz lässt sich nicht wegzaubern: In Braunschweig eröffnet die sehenswerte Stückentwicklung Vergessen, dass neue Perspektiven auf Alzheimer. Das theatralische Aufblättern des Themas funktioniert bestens und dank der aufgebrochenen Erzählweise weist das Stück sogar über die herkömmliche Demenzliteratur hinaus. Es eröffnet neue Perspektiven. Hingehen lohnt!«
»Das teils auf den Kopf gespiegelte Bühnenbild, die wandernden Requisiten, die anonymisierenden Anzüge (Ausstattung Dorothee Curio) scheinen etwas von der Weltsicht des Erkrankten auf die Bühne zu holen. Auch dass irgendwann die Handlung zerfällt, quasi demenziell zersplittert und eine eigene, in Kunstlicht getauchte Realität mit tänzerischen Bewegungen der Darstellenden entwickelt, passt dazu. Und sie spielen das gut… Am Ende viel Applaus.«
Letzte Aufführung:
Mi
07.12.2022