Heute hat Intendantin Dagmar Schlingmann im Rahmen eines Pressegesprächs gemeinsam mit den Spartenleiter:innen Sarah Grahneis (Musiktheater), Ursula Thinnes (Schauspiel), Gregor Zöllig (Tanztheater), Iris Kleinschmidt und Jörg Wesemüller (JUNGES! Staatstheater) sowie Verena Rast (Staatsorchester) das Programm des Staatstheaters Braunschweig für die Spielzeit 24/25 vorgestellt.
31 Neuproduktionen, davon 12 Uraufführungen, stehen auf dem Programm. Dazu kommen zahlreiche Konzerte des Staatsorchesters Braunschweig – Sinfoniekonzerte, Kammer- und Klimakonzerte sowie JUNGE! Konzerte. Insgesamt lädt das Staatstheater Braunschweig zu fast 600 Vorstellungen ein.
»Die Hölle ist leer, alle Teufel sind hier!«, ruft eine Figur aus Shakespeares Romanze »Der Sturm« – bevor sie sich über Bord stürzt, vom brennenden Schiff in die schäumende See in der Hoffnung auf Rettung. Das Stück beschließt die Saison im Kleinen Haus und beschert der Spielzeit ihr Motto in einer Zeit von Kriegen, Klimakatastrophen und Rechtspopulismus. Und einige der »Teufel« finden sich in der nächsten Spielzeit auf den Bühnen des Staatstheaters wieder – wie beispielsweise »Mephisto« nach Klaus Manns Roman, »Nosferatu« nach Murnaus Stummfilm, die Zauberinnentochter Azucena aus Verdis »Il trovatore«, die Grauen Herren aus Michael Endes »Momo« und der despotische Saurier aus Michel Decars »Rex Osterwald«.
Das Musiktheater zeigt in dieser Saison gleich drei Produktionen, die mit renommierten Partner:innen entstehen: Die Uraufführung »Searching for Zenobia« von der LouisSpohr-Preisträgerin Lucia Ronchetti (Musik) und dem syrischen Dramatiker Mohammad Al Attar (Libretto) entsteht in Zusammenarbeit mit der Münchener Biennale; »Schlaflos«, die vorletzte Oper des kürzlich verstorbenen Peter Eötvös, zeigt ein junges Liebespaar am Rande der Gesellschaft und feierte in der Inszenierung von Philipp M. Krenn bereits eine umjubelte Premiere an der Oper Graz. Darüber hinaus erarbeitet Ilaria Lanzino für Dortmund und Braunschweig eine Neuinszenierung von »Don Giovanni«. Auch innerhalb des Hauses wird die Zusammenarbeit mit anderen Sparten fortgesetzt. So werden im »Weißen Rössl« unter der Regie von Immo Karaman Ensemblemitglieder von Musiktheater und Schauspiel mitwirken. Mit Walter Braunfels‘ Oper »Die Vögel« wird eine Wiederentdeckung im Großen Haus zu sehen sein. In den 1920er-Jahren noch gefeiert, verschwand dieses Werk nach dem Verbot durch das NS-Regime von den Bühnen und erlebt erst seit einigen Jahren wieder einen Aufschwung, den Braunschweig mit einer Neuproduktion mit GMD Srba Dinić und Regisseurin Kerstin Steeb nun fortsetzen möchte. Die Saisoneröffnung im Großen Haus in der Regie von Paul-Georg Dittrich ist gleichzeitig eine Braunschweiger Erstaufführung: Francis Poulencs »Dialogues des Carmélites« erzählt anhand der persönlichen Geschichte von Blanche de la Force ein existenzielles Drama über Freiheit und unerschütterliche Werte.
Europawahl, Landtagswahlen, Bundestagswahlen – wir sind 2024/2025 aufgerufen, über unser gesellschaftliches Miteinander zu entscheiden. Wer bekommt das Mandat, Zukunft zu gestalten? Welche Bedingungen braucht Demokratie? Die Spielzeit 24/25 des Schauspiels im Großen Haus startet mit Heinrich von Kleists »Der zerbrochne Krug« (R: Ulrike Arnold), eine Metoo-Geschichte des 19. Jahrhunderts, die bitter-komisch die Gefährdung des Staates durch Machtmissbrauch zeigt. Mit »Mephisto« nach dem Roman von Klaus Mann befragt der Regisseur Matthias Rippert das Theater nach seiner Haltung in einem totalitären System. Soziale Ungleichheit birgt gesellschaftlichen Sprengstoff, das zeigt Nora Abdel-Maksouds explosive Erbschaftssatire »Jeeps«. Dem blutsaugerischen Vergnügen gehört Christoph Diems Inszenierung »Nosferatu« mit der betörenden Live-Musik der schwedischen Band Next Stop:Horizon. Aber es gibt auch Helden, deren unbeirrtes Handeln Mut macht, wie den früheren Generalstaatsanwalt Fritz Bauer, dem das Theaterkollektiv Xweiss das Rechercheprojekt »Fritz Bauer Ultras« widmet. Oder »Antigone«, eine junge Frau, deren Entschiedenheit einen übermächtig scheinenden Herrscher ins Wanken bringt. »Antigone« (im Kleinen Haus) bildet einen Antikenschwerpunkt mit »Laios« von Roland Schimmelpfennig und drei szenischen Lesungen seiner Tragödien-Überschreibungen im Aquarium. Das Aquarium verwandelt sich mit Stücken und Diskursformaten ganz in eine AGORA (Raum: Wolf Gutjahr), den Versammlungsort der attischen Demokratie, Nukleus des europäischen Theaters. Zum Abschluss der Saison inszeniert Generalintendantin Dagmar Schlingmann Shakespeares »Der Sturm«. Es geht um Macht, um koloniale Ausbeutung und vielleicht um die Zauberkraft des Theaters.
Das Tanztheater am Staatstheater Braunschweig unter der Leitung von Gregor Zöllig feiert 2024/2025 seine 10-jährige Jubiläumsspielzeit. Dazu gibt es eine festliche Tanzgala mit Highlights, choreografischen Kostbarkeiten und hochkarätigen Künstler:innen aus den vergangenen Jahren. Die erfolgreiche spartenübergreifende Arbeit der letzten Jahre wird gemeinsam mit dem Staatsorchester und Generalmusikdirektor Srba Dinić mit der Adaption des Klassikers »Don Quijote oder Die unglaubliche Geschichte des Sancho Panza« fortgeführt. Die in der internationalen Tanzwelt hoch gelobte Choreografin Jasmin Vardimon erarbeitet mit dem Braunschweiger Tanzensemble das am Londoner Sadler´s Wells Theatre gefeierte Stück »Yesterday« neu. Eine zentrale Produktion der letzten Jahre wird wiederaufgenommen – der Tanz- und Performance-Parcours »Die Zeit ist reif – Ein Manifest für die Gemeinschaft«, der an drei aufeinanderfolgenden Tagen aus dem Großen Haus des Staatstheaters ein für das Publikum zugängliches Labyrinth macht. Auch die Tanzvermittlungsarbeit feiert ein Jubiläum: 10 Jahre tanzwärts! in Braunschweig mit über 1000 Menschen jeglichen Hintergrunds, die auf den Bühnen des Staatstheaters den Tanz am eigenen Körper erfahren haben. Die Spielzeit wird deswegen nicht nur von zwei brandneuen tanzwärts!- Projekten flankiert, sondern auch mit einem Fachsymposium wissenschaftlich begleitet.
Das JUNGE! Staatstheater startet mit einer Musiktheater-Uraufführung: In »Klein Kurt und die Schildkröte Erna« verbindet Roscha A. Säidow auf der Grundlage von »Schmidtis Kinderliedern« Puppenspiel und Musiktheater zu einer Mutmachgeschichte für Kinder. Das diesjährige Familienstück zur Weihnachtszeit ist Michael Endes Welterfolg »Momo« in einer Inszenierung von Markolf Naujoks. Die weiteren Premieren im JUNGEN! Schauspiel setzen einen klaren Schwerpunkt im Bereich Demokratie. Das Berliner Kollektiv »Turbo Pascal« ist eingeladen ein partizipatives Projekt für Kinder zu entwickeln, das ihnen spielerisch Zugang zu den Gestaltungsmöglichkeiten in unserer Demokratie ermöglicht: »Die Superwahl – Wie entscheidest du?«, gefolgt von der Premiere der Sophokles-Tragödie »Antigone« in einer aktuellen Übersetzung von Roland Schimmelpfennig, inszeniert von Jörg Wesemüller mit Schauspiel, Tanz und dem kraftvollen Auftritt eines Chors aus Braunschweiger Bürger:innen. Neben den JUNGEN! Konzerten »Von Maus und Mond«, »Zauberflöten und Glockenspiel« sowie »Der Karneval der Tiere« wird es nach dem großen Erfolg von »Annie« mit »Der Zauberer von Oz« wieder ein Musical unter Beteiligung des Kinder- und Jugendchors Belcanto sowie Musiker:innen städtischer Musikschulen geben. Außerdem zeigt tanz JUNG! die Uraufführung »Supernormal Superpower« von Alessandro Schiattarella.
Verena Rast ist die neue Orchesterdirektorin an der Seite von Generalmusikdirektor Srba Dinić und dem Staatsorchester Braunschweig. Vorgängerin Julia Schoch engagierte mit dem diesjährigen »Artist in Residence« noch einen Hochkaräter: Daniel Ottensamer, Soloklarinettist der Wiener Philharmoniker, zeigt in vier Sinfoniekonzerten unterschiedliche Facetten der Klarinettenliteratur. Srba Dinić eröffnet die Saison mit Gustav Mahlers beeindruckender 5. Sinfonie, bringt uns im 4. Sinfoniekonzert in Weihnachtsstimmung und stellt im 6. Sinfoniekonzert mit Mario Notaristefano, Solist aus den eigenen Reihen, ein selten gespieltes Konzert für Piccoloflöte des amerikanischen Komponisten Lowell Liebermann vor. Der neue 1. Kapellmeister Alexander Sinan Binder präsentiert sich im 2. Sinfoniekonzert mit Wolfgang Amadeus Mozart erstmals auf dem Braunschweiger Konzertpodium und macht Lust auf »Don Giovanni« am Ende der Spielzeit. Gleich drei Werke werden 2024/2025 uraufgeführt, von denen das Schlagzeug-Triplekonzert von Avner Dorman, dessen Kompositionen derzeit in den großen internationalen Konzertsälen gespielt werden, hervorzuheben ist. Dieses Konzert leitet Delyana Lazarova, eine spannende Dirigentin, die sich mühelos zwischen den Genres bewegt. Albrecht Mayer wird zu Gast sein und die Uraufführung der Oboensonate des ehemaligen Braunschweiger Solo-Kontrabassisten Klaus Dillmann anlässlich dessen 100. Geburtstages spielen. Die dritte Uraufführung findet sich im 9. Sinfoniekonzert, in dem sich die beiden Wiener Philharmoniker Daniel Ottensamer und Sophie Dervaux die Bühne teilen und der nicht nur in Wien bekannte Dirigent Patrick Lange neben Strauss, Schubert und von Weber auch das Konzertstück für Klarinette von Stefan Koncz zu Gehör bringt.
Die Saison startet früh mit der Burgplatz-Premiere von Giuseppe Verdis Oper »Il trovatore« am 24. August. Zur Feier des offiziellen Spielzeitauftakts lädt das Staatstheater Braunschweig am 15. September ein, wenn das 1. Sinfoniekonzert live im Saal und als Außenübertragung das anschließende Theaterfest einläutet, das wieder mit den direkten Nachbarn als große »Kulturmeile« entlang des Museumsparks stattfindet.
Der Vorverkauf für die Spielzeit 24/25 startet am Samstag, 13. Juli 2024 über www.staatstheater-braunschweig.de, die Theaterkasse, das Kartentelefon 0531 1234 567 sowie über besucherservice@staatstheater-braunschweig.de.