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»Und was ist hinter den Türen, die das Leben uns aufmacht?«: Staatstheater Braunschweig präsentiert Programm der Spielzeit 2025/2026

29.04.2025

Das Spielzeitheft 25/26 können Sie entweder hier online durchblättern oder hier als PDF (4 MB) herunterladen. 

 

Heute haben Generalintendantin Dagmar Schlingmann und Ellen Brüwer, Interimsleitung der Spielzeit 25/26, im Rahmen eines Pressegesprächs gemeinsam mit den Spartenleiter:innen Sarah Grahneis (Musiktheater), Ursula Thinnes (Schauspiel), Gregor Zöllig (Tanztheater), Judith Sünderhauf in Stellvertretung für das Leitungsduo Iris Kleinschmidt und Jörg Wesemüller (JUNGES! Staatstheater) sowie Verena Rast (Staatsorchester) das Programm des Staatstheaters Braunschweig für die kommende Spielzeit vorgestellt.

 

33 Neuproduktionen, davon 12 Uraufführungen, sowie 14 Wiederaufnahmen stehen auf dem Programm. Dazu kommen zahlreiche Konzerte des Staats­orchesters Braunschweig – Sinfoniekonzerte, Kammer- und Klimakonzerte und JUNGE! Konzerte. Insgesamt lädt das Staatstheater Braunschweig zu fast 600 Vorstellungen ein.

 

»Und was ist hinter den Türen, die das Leben uns aufmacht?«, fragt Kriegsheimkehrer Beckmann in Wolfgang Borcherts berühmtem Schauspiel »Draußen vor der Tür«, das am 20. September Premiere im Kleines Haus feiern wird. Und mit dieser Frage ist auch die nächste Spielzeit des Staatstheaters Braunschweig überschrieben, verbunden mit der Überzeugung, dass Theater in unserer zunehmend auseinanderdriftenden Gesellschaft verbinden kann, dass es komplexe Geschichten differenziert zu erzählen vermag und andere Perspektiven eröffnen kann.

 

Nach »La traviata« auf dem Burgplatz feiert das Musiktheater in dieser Saison gleich drei Jubiläen: Zur Spielzeiteröffnung im Großen Haus erarbeiten Generalmusikdirektor Srba Dinić und Regisseurin Franziska Angerer eine Neuproduktion von Alban Bergs »Wozzeck«, der seit seiner Uraufführung vor 100 Jahren einen Meilenstein des modernen Musiktheaters markiert. Anlässlich des 200. Geburtstags Johann Straussʼ (Sohn) folgt im Dezember die Premiere einer der Operetten schlechthin – der »Fledermaus« in der Regie von Katharina Schmidt. 2026 schließlich wäre der 100. Geburtstag Norma Jeane Mortensons, die als Marilyn Monroe zur Ikone geworden ist. Gavin Bryars nähert sich in seiner revuehaften Kammeroper, die im Kleinen Haus in der Regie von Marie Gedicke zu sehen sein wird, den oft widersprüchlichen Fremd- und Selbstbildern einer bis heute faszinierenden Persönlichkeit. Die renommierte Musik­theater-Regisseurin Eva-Maria Höckmayr gibt ihr Braunschweig-Debüt mit einer Inszenierung von »Peter Grimes«, in der Benjamin Britten die Geschichte eines Außenseiters in einem kleinen Fischerort durch seine eindrucksvolle Musik zu einem packenden Opernthriller werden lässt. Italienisches Flair und die wohl bekannteste Liebesgeschichte überhaupt sind mit Vincenzo Bellinis »I Capuleti e i Montecchi« (Romeo und Julia) zu erleben: Der Belcanto-Klassiker wird inszeniert von Jan Eßinger, der im vergangenen Jahr für das Burgplatz Open Air verantwortlich zeichnete. Mit »Innocence« der im letzten Jahr verstorbenen Komponstin Kaija Saariaho wird nicht nur erstmals eine große Oper einer Komponistin im Großen Haus gezeigt, sondern die Linie exzellenter zeitgenössischer Werke mit Stoffen von gesellschaftlicher Relevanz fortgeführt. Regie in dieser letzten Premiere vor dem Intendanzwechsel führt Dagmar Schlingmann. Neben diesen sieben Neuproduktionen stehen die Wiederaufnahmen von »Don Giovanni« und »La bohème« auf dem Spielplan.

 

Im Krieg und in der Liebe werden Grenzen überschritten, verletzt oder überwunden. Es sind Ausnahmesituationen des Menschlichen: Wir zerbrechen daran oder wachsen über uns hinaus. Krieg und Liebe ziehen sich durch die Schauspiel-Saison 25/26. Gleich in der Eröffnungsproduktion schleicht sich der Krieg und seine Verwerfungen in die privatesten Beziehungen: Christoph Diem inszeniert Lessings Lustspiel »Minna von Barnhelm« im Großen Haus. Daneben steht im Kleinen Haus mit Borcherts Heimkehrer­drama »Draußen vor der Tür« in der Regie von Anna Stiepani ein Text von großer emotionaler und poetischer Kraft. Wie schwer sexuelle Gewalt juristisch zu greifen ist, zeigt Suzie Millers Monolog »Prima Facie« im Aquarium. In Becketts »Warten auf Godot« (Regie: Matthias Rippert) wendet sich das existentielle Warten ins Absurd-Komödian­tische. Zwischen Leichtigkeit und Härte changieren auch Irmgard Keuns »Kunstseidenes Mädchen« und Daniel Kehlmanns Kriegspanorama und Narrenstück »Tyll« zum Abschluss der Saison. Wie sehr der Mensch des Menschen Gefängnis ist, manifestiert sich in der Adaption von Stanislaw Lems meisterhaftem Science-Fiction-Roman »Solaris« und in Franz Kafkas Kosmos, den Rebekka David in »Zeit für Monster« auf die Bühne bringt. Drei Uraufführungen und die Neuausgabe des Festivals »Preis der jungen Dramatik« widmen sich zeitgenössischen Autor:innen: »brand« von Volker Schmidt blickt in ein Europa der Zukunft und stellt vor allem junge Gefühlswelten in den Fokus. Daniele Szeredy entwickelt ein Stück über eine politische Radikalisierung (»hamlet. the rest is silence.«) und Felicia Zeller schreibt für das Staatstheater mit »Der Widerspruchs­ausschuss« über Bürokratie-Irrsinn im Gesundheitswesen.  

 

Das Tanztheater präsentiert sechs Uraufführungen und eine Braunschweiger Erst­aufführung. Gregor Zölligs »Das Rauschen der Stadt« ertanzt, wie der gestaltete Stadtraum das Lebensgefühl, Verhalten und Denken seiner Bewohner:innen beeinflusst. Inspiriert von den Impulsen von ca. 300 Braunschweiger:innen, die sich in einer Online-Umfrage mit der Wechselwirkung zwischen Stadt und Raum auseinandergesetzt haben, erarbeiten das Tanzensemble und das Staatsorchester Braunschweig unter der Leitung von Alexis Agrafiotis eine poetisch-tänzerische Hommage an die Geschichte, Atmosphäre und Zukunft der Stadt. Melanie Lane erforscht mit »Styx« den Übergang zwischen Leben und Tod, Körper und Geist, indem sie antike Mythologie mit aktuellen Fragen zur digitalen Nachlassverwaltung verknüpft. Können digitale Spuren des Menschen eine neue Form von Präsenz oder gar Wiedergeburt ermöglichen? »Triple Impact« feiert die Vielfalt und Kreativität dreier herausragender Choreografen: Andonis Foniadakis, Tú Hoàng und Ihsan Rustem. Und mit den »tanzwärts!«-Produktionen »Kiss me good night« und »Stadt.Land.Oker« werden erneut Tanzbegeisterte aus Braunschweig und Umgebung auf die Bühne gebeten, um sich mit Körper und Bewegung künstlerisch auszudrücken.

 

Das JUNGE! Staatstheater startet mit einem mobilen Tanzstück in die neue Spielzeit: »Wirbelnde Wörter« von der preisgekrönten Choreografin Ceren Oran lädt auf spielerische Art und Weise ein, das Klassenzimmer und die Bedeutung von Worten neu zu entdecken und Tanz als Kommunikationsmöglichkeit kennenzulernen. Das Familienstück zur Weihnachtszeit ist Astrid Lindgrens Kinderbuchklassiker »Pippi Langstrumpf« in einer Inszenierung von Deborah Epstein. Der weitere Spielplan im JUNGEN! Schauspiel setzt sich intensiv mit den Narrativen unserer Zeit auseinander: »Wildbestand oder Von einer, die auszog, eine Zukunft zu finden« ist eine erfrischende Theatererzählung von Esther Becker über die Auswirkungen von Migration. Die spartenübergreifende Stückentwicklung »Im Namen der Liebe« erforscht in Wort, Bewegung und Boybandsongs die verschiedenen zwischenmenschlichen und auch selbstbezogenen Facetten der Liebe. Im JUNGEN! Konzert zeigen wir ab Kindergarten­alter »Der dicke fette Pfannkuchen«, »Das kleine Ich bin Ich« und für Schüler:innen »Die Bremer Stadtmusikanten«. Ergänzt wird das mit einem szenischen Konzert von, mit und für Jugendliche ab 13 Jahren: »Swings im Grünen Jäger« erzählt von Braunschweigs Lindy Hop-Vergangenheit. Im JUNGEN! Musiktheater setzen wir mit dem Rockmusical »Frühlings Erwachen« nach Frank Wedekind die erfolgreiche Musical-Reihe fort – wieder unter Beteiligung des Kinder- und Jugendchors Belcanto. Außerdem erwartet uns eine besondere Uraufführung: »K:lebt!« ist eine Komposition von Alex Paxton und beschäftigt sich als raumgreifendes Musiktheaterereignis mit den Bedingungen für gesellschaftlichen Zusammenhalt. Das JUNGE! Staatstheater wird diese Spielzeit erneut für drei Projekte im »Programm Zero – Klimaneutrale Kunst- und Kulturprojekte« gefördert und legt somit besonderen Wert auf eine nachhaltige Produktion.

 

Das Staatsorchester Braunschweig gibt den zehn Sinfoniekonzerten der Spielzeit 25/26 jeweils ein eigenes Motto. Beginnend mit dem Eröffnungskonzert am Theaterfest unter dem Motto »Leidenschaft« mit Pjotr Tschaikowskis »Manfred«-Sinfonie vollendet Generalmusikdirektor Srba Dinić mit dem Staatsorchester Braunschweig seinen Tschaikowski-Zyklus. Neben jedem Motto schwingt in dieser Konzertsaison ein weiterer Gedanke mit – wir schließen Kreise. Dazu ist Gerd Schaller im 5. Sinfoniekonzert »Unvollendet« eingeladen, Anton Bruckners Sinfonie Nr. 9 mit dem von ihm vervoll­ständigten letzten Satz zur Aufführung zu bringen. Auch Olga Scheps, mit der coronabedingt eine weitere Zusammenarbeit nicht stattfinden konnte, kommt wieder nach Braunschweig und wird im 7. Sinfoniekonzert unter dem Motto »Frühlingsgefühle« Frederic Chopins Klavierkonzert Nr. 1 spielen, eingerahmt von Karl Goldmarks Konzertouvertüre »Im Frühling« und Hector Belioz´ Symphonie fantastique. Ein Programm mit starken Frauen erwartet das Publikum im 9. Sinfoniekonzert »Klangvolle Pionierinnen«: Die Gastdirigentin Nefeli Chadouli dirigiert Grażyna Bacewiczs Ouvertüre für Orchester, Konstanze von Gutzeit spielt Antonín Dvořáks Cellokonzert und das Hauptwerk des Konzertes ist Dora Pejačević' Sinfonie in fis-Moll. Das 2. Sinfoniekonzert »Nordlichter« leitet der 1. Kapellmeister Alexander Sinan Binder und neben einem Programm mit skandinavischen Komponisten ist dieses Konzert auch das Preisträger:innenkonzert des Louis-Spohr-Musikpreises der Stadt Braunschweig. Als weitere namhafte Gastdirigenten begrüßt das Staatsorchester in der kommenden Spielzeit u.a. Andreas Ottensamer und Jascha von der Goltz. Im Januar wird es außerdem wieder ein Klimakonzert geben, das die international gefragte Cellistin Tanja Tetzlaff gemeinsam mit den renommierten Naturfilmer:innen Jan und Melanie Haft gestalten wird.

 

Die Saison startet früh mit der Burgplatz-Premiere von Giuseppe Verdis Oper »La traviata« am 23. August. Zur Feier des offiziellen Spielzeitauftakts lädt das Staats­theater Braunschweig am 14. September ein, wenn das 1. Sinfoniekonzert im Saal und live als Außenübertragung das anschließende Theaterfest einläutet, das wieder mit den direkten Nachbar:innen als große »Kulturmeile« entlang des Museumsparks stattfindet.

 

Der Vorverkauf für die Spielzeit 25/26 startet am Samstag, 14. Juni 2025 über www.staatstheater-braunschweig.de, die Theaterkasse, das Kartentelefon 0531 1234 567 sowie über besucherservice@staatstheater-braunschweig.de.



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Foto: Oliver Schirmer